Aus dem Schacharchiv von Chess-Results.com: Artikel: 871 vom 23.10.1998, Kategorie Kolumne

33. Schacholympiade in Elista: China holt erstmals Gold im Damenbewerb

Nichts ist so mehr wie es einmal war: Nachdem die Sowjetunion nach dem 2. Weltkrieg das Schach, und im besonderen das Damenschach völlig dominiert hatte, ging diese Domäne nach dem Zusammenbruch des Vielvölkerstaates auf Georgien über. In Elista mischte nun erstmals China, das ja mit Jun Xie ja bereits eine Weltmeisterin gestellt hatte, kräftig mit.

Titelverteidiger Georgien stellte sich hierbei jedoch selbst ein Bein indem es gegen den Außenseiter Vietnam mit 0-3 die Segel streichen mußte. Das verlorene Terrain war hiernach nicht mehr gutzumachen.

Österreichs Damen, die diesmal noch ohne Eva Moser auskommen mußten, spielten teilweise ein recht beherztes Schach und placierten sich wesentlich besser als dies aufgrund der Setz-liste vorgesehen war.

Endstand

Rg. Damen Pkte
1. 1. China 29
2. Rußland 1 27
3. Georgien 27
4. Niederlande 23½
5. Bulgarien 23½
6. Rumänien 23
7. Jugoslawien 23
8. Ungarn 23
9. Rußland 3 23
10. USA 23
44. Österreich 19

 

8 AUT   -   TKM   1½-1½
WIM Helene Mira 2125 - WIM Mehri Ovezova 2305 ½-½
  Jutta Borek 2100 -   Maisa Ovezova 2235 ½-½
WFM Maria Horvath 2050 -   Maral Ovezova 2140 ½-½

 

9 IND   -   AUT   1-2
WIM Thipsay, Bagyashree Sathe 2230 - WIM Helene Mira 2125 ½-½
  Shah, Pallavi G 2130 - WFM Maria Horvath 2050 ½-½
  Ghate, Swati 2190 -   Sonja Sommer 2080 0-1

 

10 AUT   -   ISR   0-3
WIM Helene Mira 2125 - WGM Masha Klinova 2395 0-1
WFM Maria Horvath 2050 - WGM Ela Pitam 2330 0-1
  Sonja Sommer 2080 - WIM Ludmilla Tsifanskaya 2330 0-1

 

11 AUT   -   MEX   3-0
WIM Helene Mira 2125 - WFM Yadira Hernandez 2220 1-0
WFM Jutta Borek 2100 - WFM Edith Garcia 2075 1-0
WFM Maria Horvath 2050 -   Vanessa Lopez   1-0

  

12 ESP   -   AUT   1½-½
WIM Nives Garcia 2260 - WIM Helene Mira 2125 ½-½
  Monica Vilar Lopez 2115 - WFM Jutta Borek 2100 ½-½
  Raquel Sales   -   Sonja Sommer 2080 ½-½

 

13 AUT   -   CRO   ½-2½
WIM Helene Mira 2125 - WIM Mirjana Medic 2330 ½-½
WFM Maria Horvath 2050 - WIM Vladja Macek 2225 0-1
  Sonja Sommer 2080 - WIM Zorica Puljek_Salai 2235 0-1

 

Österreichische Damen Rd1-7 8 9 10 11 12 13 Tot.
Tit. Name ELO   TKM IND ISR MEX ESP CRO  
IM Helene Mira 2125 3(5) ½ ½ 0 1 ½ ½ 6/11
FM Jutta Borek 2100 2(6) ½       ½   4/9
FM Maria Horvath 2050 2(4) ½ ½ 0 1   0 4/9
  Sonja Sommer 2080 3½(6)   1 0 1 ½ 0 5/10
      10½(21) 2 0 3   19/39

 

Weiß: WIM H. Mira (2125)

Schwarz: WIM Y. Hernandez (MEX/2220)

Königsindisch [E91]

Anm. I. Balinov

1. d4 Sf6 2. c4 g6 3. Sc3 Lg7 4. e4 d6 5. Le2 0–0 6. Sf3 Lg4?!. Die Standardfortsetzung ist hier 6. ... e5.

7. Le3 Sfd7 8. Dd2 Sc6. Elastischer war 8. ... e5 oder 8. ... Lxf3 9. Lxf3 e5 10. d5 f5, jeweils mit etwas besserem Spiel für Weiß.

9. Sg1!. Nach dieser eleganten Entfesselung erlangt Weiß etwas Raumvorteil. Günstig für Weiß war auch 9. d5 Sce5 10. Sxe5 Sxe5 11. f3 (11. f4 Lxe2 12. Dxe2 Sd7 13. Tc1 c6) 11. ... Ld7 12. 0–0.

9. ... Lxe2 10. Sgxe2 a5 11. b3 e5 12. d5 Se7 13.
0–0 f5 14. f3 Tf7 15. a3 Kh8 16. b4 Sg8 17. c5.
Gut für Weiß war auch 17. Sb5 axb4 18. axb4 Txa1 19. Txa1 fxe4 20. fxe4 Dh4 21. Sxc7 Sdf6 22. Se6 Sxe4 23. De1 Dxe1+ 24. Txe1.

17. ... Sdf6 18. Dd3. In Frage kam auch die Auflösung der Zentrumsspannung mittels 18. exf5 gxf5, um sich sodann mit 19. Tac1 dem Damenflügel zuzuwenden.

18. ... Dd7?. Bequemen Ausgleich versprach 18. ... axb4 19. axb4 Txa1 20. Txa1 fxe4, z.N.

A) 21. Sxe4 dxc5 22. Sg5 Td7 23. bxc5 Lh6 wäre eher für Schwarz günstig gewesen, nicht aber 23. ... Sxd5?? wegen 24. Dxd5 und Weiß gewinnt.

B) 21. fxe4 Sg4.

19. Tfb1 axb4 20. axb4 Tb8. Die Preisgabe der a-Linie erweist sich als positioneller Fauxpas. Richtig war 20. ... Tff8!?.

21. Ta7 fxe4 22. Sxe4?!. Nachhaltiger war 22. fxe4 um das Bauernzentrum kompakt zu halten.

22. ... Sxe4. Mit dem Textzug korrigiert die Seniorita die Ungenauigkeit der Österreicherin, die sie mit 22. ... dxc5! 23. Sg5 (Auch nach 23. bxc5 Dxd5 24. Dxd5 Sxd5 25. Lf2 c6 26. Sd6 Td7 hätte Schwarz nichts mehr zu befürchten gehabt.) 23. ... Tff8 24. Lxc5 Tfd8 25. Sc3 Lh6 26. Sge4 Sxd5 zu gleichem Spiel ausnützen hätte können.

23. fxe4 Dg4. Nach 23. ... Lh6! 24. Lxh6 Sxh6 hätte sich der weiße Vorteil in Grenzen gehalten.

24. h3 Dh4 25. Tba1! g5!?. Vorteilhaft für Weiß war hingegen 25. ... Lh6 26. Lxh6 Df2+ 27. Kh1 Sxh6 28. cxd6 cxd6 29. Sc3.

26. Ta8. Weniger klar war 26. cxd6 cxd6 27. Sc3 g4 28. Sb5 Tf6 29. hxg4 Dxg4.

26. ... Txa8 27. Txa8 g4 28. Kh2 gxh3 29. Sg3 hxg2+ 30. Kxg2 Dg4. Schwach wäre 30. ... Tf8? Wegen 31. Txf8 Lxf8 32. c6 bxc6 33. dxc6 Lh6 34. b5 Lf4 35. Lxf4 exf4 36. Sf5 Dg5+ 37. Kf1 Sf6 38. b6 f3 39. Dc2 und Weiß hat deutliches Übergewicht.

31. De2 Dg6. Vorteilhaft für Weiß war 31. ... Dxe2+ 32. Sxe2 Lf8 33. c6 bxc6 34. dxc6 Sf6 35. Sc3 Kg7 36. b5 Sh5 37. Sd5.

32. Dh5! Dxh5 33. Sxh5 Tf8 34. Ta7 Tb8 35. cxd6. Unergiebig für Weiß war hingegen 35. Sxg7 Kxg7 36. c6 bxc6 37. Txc7+ Kg6 38. Txc6 Txb4 39. Txd6+ Sf6 40. Kf3 Kf7 41. Te6.

35. ... cxd6 36. Lb6 Tc8. Etwas besser, doch ebenfalls vorteilhaft für Weiß war 36. ... Sf6!? 37. Sxf6 Lxf6 38. Lc7 Tg8+ 39. Kf3 Tf8 40. Txb7 Ld8+ 41. Ke3 Lxc7 42. Txc7 Tb8 43. Tc6 Txb4 44. Txd6.

37. Txb7. Weiß ist nun klar in Vorteil.

37. ... Tc2+. Nicht besser ist 37. ... Sf6 38. Sxg7 Tg8 39. Kf3 Txg7 40. Txg7 Kxg7 41. b5 Kf7 42. Lc7 Ke7 43. b6 Kd7 44. Lb8 Kc8 45. Lxd6 und Weiß gewinnt.

38. Kf3 Lh6. Auch 38. ... Tc3+ 39. Kg4 Lf6 40. Tb8 Lg7 41. b5 vermag den Verlust nicht abzuwenden.

39. Td7?. Klar besser war 39. Lc7!.

39. ... Tc3+ 40. Kg4 Tc4 41. Kf5 Txb4.

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42. Ld8! Tb8 43. Txd6. Hier konnte die Mexikanerin ruhigen Gewissens die Segel streichen.

43. ... Ld2 44. Lf6+. Rascher gewann 44. Td7 aber, wie heißt es im Winer Kaffeehausjargon: "Mit vollen Hosen ist leicht Stinken!"

44. ... Sxf6 45. Sxf6 Kg7. Auch nach 45. ... Tb7 46. Td8+ Kg7 47. Tg8+ Kf7 48. Th8 gewinnt Weiß mühelos.

46. Td7+ Kf8 47. Txh7 Tb1 48. Ke6 und Schwarz gab auf.


Weiß: WFM M. Horvath (2050)

Schwarz: V. Lopez (MEX) [D36]

Damengambit

[I. Balinov]

1. d4 d5 2. c4 e6 3. Sc3 Sf6 4. cxd5 exd5 5. Lg5 Le7 6. e3 c6 7. Dc2 h6. Die Hauptvariante setzt hier mit 7. ... 0–0 8. Ld3 Sbd7 9. Sf3 Te8 10. 0–0 Sf8 11. Tab1 und etwa gleichem Spiel fort.

8. Lh4 Le6 9. Ld3 Sbd7 10. Sf3 Da5?. Ein unmotivierter Damenausflug, richtig war statt dessen 10. ... 0–0.

11. 0–0 0–0 12. a3 Tac8?!. Besser war 12. ... Tfe8.

13. Se5 Tfe8?!. Notwendig war die reuemütige Heimkehr der Dame. Weiß sichtert sich nun ein starkes Zentrum und droht gleichzeitig mit f2-f4-f5 den weißfeldrigen Läufer zu erobern.

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14. f4! Sxe5. 14. ... c5 scheitert an 15. f5 Sxe5 16. dxe5.

15. dxe5 Sg4 16. Lxe7 Sxe3?. Dies verliert zwangsläufig, allerdings wäre das weiße Spiel auch nach 16. ... Txe7 17. De2 Db6 18. Sd1 klar vorzuziehen gewesen.

17. Df2 Sxf1 18. b4! Db6 19. Lc5 Dd8 20. Txf1. Der weiße Materialvorteil entscheidet!

20. ... b6 21. Ld6 Ta8 22. f5 Lc8 23. f6 Dd7 24. h3 a5 25. Dg3 g5 26. b5 Kh8 27. Df3 g4 28. Df4 und Schwarz streckte angesichts des undeckbaren Matts die Waffen.

ÖM Lothar Karrer